Die Invitel Unternehmensgruppe hat aktuell 22 Standorte, an denen insgesamt mehr als 2.400 Mitarbeiter beschäftigt sind. 117 davon sind schwerbehindert oder gleichgestellt. Diesen Mitarbeitern in allen Belangen beizustehen und ihre gleichberechtigte Teilhabe am Arbeitsleben in der Invitel Unternehmensgruppe unterstützen, das ist die Aufgabe unserer Schwerbehindertenvertreter. Wir haben in einigen vorherigen Beiträgen bereits über ihre Aufgaben und ihren Alltag berichtet. Nun wollen wir einmal einen Blick darauf werfen, wie man überhaupt Schwerbehindertenvertreter werden kann. Und was macht einen guten Schwerbehindertenvertreter aus?
Bevor wir den Menschen selbst ansehen, der diese prinzipiell ehrenamtliche Tätigkeit ausübt, betrachten wir die betrieblichen Voraussetzungen, die vorliegen müssen, damit dieses Amt überhaupt geschaffen werden kann. Da sind zum einen Zahlen, die erfüllt werden müssen: Mindestens fünf, nicht nur vorübergehend angestellte Schwerbehinderte oder Gleichgestellte müssen im Betrieb angestellt sein. Wenn dies so sein sollte, dann ist der nächste Schritt, dass der Betriebsrat vor Ort eine Wahl anberaumt und durchführt. Aufstellen lassen zur Wahl darf sich jeder aus dem Unternehmen, der 18 Jahre alt ist, mindestens sechs Monate dabei ist und keine Leitungsposition innehat. Die Person muss auch nicht selbst eine Behinderung haben, um gewählt werden zu können. Den Schwerbehindertenvertreter wählen, das dürfen dann nur die schwerbehinderten Arbeitnehmer des Betriebes und die ihnen gleichgestellten. Dabei müssen alle Vorschriften zur Wahl, die in der SchwbVWO (SchwerbehindertenVertretungsWahlOrdnung) festgelegt sind, ganz genau eingehalten werden. Andernfalls kann die Wahl mitunter nicht gültig sein. Die Amtszeit beträgt im Regelfall vier Jahre.
Wenig überraschend sind wohl die beiden Hauptanforderungen an den Menschen, der diese Position im Unternehmen besetzen soll: die fachliche und die menschliche Eignung.
Der Schwerbehindertenvertreter ist eine Vertrauensperson für diejenigen, die sich an ihn wenden. Er unterliegt der Schweigepflicht, auch über seine Amtszeit hinaus. Warum das so ist? Für manch einen ist es vielleicht ein großer Schritt, sich mit seinen körperlichen Befindlichkeiten, mit denen ja fast immer auch eine gewisse seelische Belastung einhergeht, überhaupt jemandem zu offenbaren. Was der eine selbstbewusst und offen trägt, ist für einen anderen möglicherweise nichts, was er mitteilen möchte. Es bedarf also eines großen Vertrauens, um dies jemandem mit der Hoffnung auf Unterstützung anzuvertrauen. Ein weiterer Faktor kann die Angst vor Mitleid oder Vorverurteilung sein („Der kann ja gar nicht so viel leisten, dann muss ich seine Arbeit noch mit machen…“), sowie die Sorge, durch den Arbeitgeber Repressalien zu erfahren. Letzteres ist zumindest hier in der Invitel Unternehmensgruppe überhaupt nicht notwendig, aber dennoch eine mentale Hürde, die überwunden werden muss. Der Schwerbehindertenvertreter befindet sich dementsprechend an einer hoch sensiblen Stelle und benötigt viel Fingerspitzengefühl, um dieser verantwortungsvollen Rolle gerecht zu werden. Darüber hinaus kann auch ein gewisses „Helfersyndrom“ nicht schaden, denn auch die praktische Unterstützung in vielen Belangen wird von ihm erwartet. Schließlich muss die Person noch über ein wenig diplomatisches Geschick verfügen, denn auch das Vermitteln zischen den Interessen unterschiedlicher Parteien, im eigenen Unternehmen oder mit Behörden usw., gehört sozusagen zur Jobbeschreibung.
Ein SBV, der empathisch ist und toll zuhören kann, nützt aber niemandem etwas, wenn er sich nicht mit der Materie auskennt. Darum muss die menschliche Eignung von einem soliden Fachwisssen ergänzt werden. Es ist eine nicht gerade geringe Basis an rechtlichen Kenntnissen notwendig, möchte man den behinderten Menschen im Unternehmen ernsthafte Hilfestellung leisten. Die Arbeitsgrundlage ist prinzipiell das neunte Sozialgesetzbuch (SGB IX). Dazu gibt es das Bundesteilhabegesetz, welches beispielsweise die Rahmenbedingungen für die Arbeit der Schwerbehindertenvertretung festlegt und außerdem derzeit in mehreren Stufen aktualisiert wird. Die Vertrauensperson und ihre Stellvertretung haben beide einen gesetzlichen Anspruch auf Schulungen, wenn dort Kenntnisse vermittelt werden, die für die Erfüllung ihrer Aufgabe erforderlich sind und die sie noch nicht haben. Konkret sollte sich jede SBV in diesen Themenbereichen gut auskennen:
- Kenntnisse über ihre eigenen Aufgaben, Rechte und Pflichten
- Kenntnisse aus dem SGB IX zum Recht der schwerbehinderten Menschen und
- Kenntnisse zu den damit zusammenhängenden Rechtsgebieten
- Grundlagenkenntnisse des Arbeits- und Betriebsverfassungs- bzw. Personalvertretungsrechts
- Kenntnisse in betriebswirtschaftlichen, technischen und arbeitsmedizinischen Bereichen
Anbieter für Schulungen, Seminare und Zertifikate gibt es viele, das Integrationsamt, die IHK, private Weiterbildungsinstitute und dergleichen – schone eine kurze Google-Suche zeigt die Fülle an Optionen. Eine Pflicht gibt es nicht, was notwendig ist, entscheiden SBV und Arbeitgeber gemeinsam.
Das klingt alles ziemlich abstrakt und nach Paragraphenreiterei? Mag sein, aber all dieses Wissen hat große praktische Bedeutung. Wenn es beispielsweise darum geht, kompetent bei Anträgen zu helfen oder die Wiedereingliederung zu gestalten, ist es von großem Vorteil, auch die Details zu kennen. Wie bereits gesagt, die Verantwortung für den eigenen Wissensstand hat jede/r SBV selbst. Stefan Schulze beispielsweise, der SBV aus Helmstedt, macht das am liebsten in Eigenregie und liest viel. Zum aktuellen Stand in seinem Betrieb sagt er: „Prinzipiell wird hier wirklich viel von ganz allein getan und umgesetzt, da muss ich niemandem auf die Finger klopfen. Ehrlichkeit, Menschlichkeit und Offenheit prägen auch hier das Miteinander zwischen (Schwer-)behinderten, Gleichgestellten und Gesunden, zwischen Mitarbeitern und Führungskräften. Aber das macht diese Position nicht entbehrlich, im Gegenteil. Das Erreichte muss bewacht werden und Unterstützung brauchen meine Klienten nichtsdestotrotz. Es ist sinnvoll, genau zu schauen welche Hürden es gibt für die Behinderten und Gleichgestellten am Arbeitsplatz, die vielleicht sonst niemand sieht. Ich bin so ein wenig auch das Auge des Arbeitgebers, mit dem er die besonderen Bedürfnisse meines Klientels sehen kann.“
Jens Mesenbring, der Braunschweiger SBV, bevorzugt ebenfalls das Selbststudium. Er hat sich beispielsweise intensiv mit den Änderungen auseinandergesetzt, die das Bundesteilhabegesetz für das Schwerbehindertenrecht mit sich bringt. Besonders freut er sich über die Verbesserung der Arbeitsmöglichkeiten der SBV. Eine solche Verbesserung ist zum Beispiel die vereinfachte Fortbildungsmöglichkeit auch für die Stellvertretung – das war vorher nur unter Einschränkungen möglich. Davon könnte nun seine noch frische Kollegin Susanne Gorzel profitieren.
Es gibt also beste Voraussetzungen in der Invitel Unternehmensgruppe, mit (schwer-) behinderten und ihnen gleichgestellten Mitarbeitern gemeinsam zu wachsen!
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